07.05.2014

Euroweb Internet GmbH: Erste Analyse des Jahresberichts für das Jahr 2012


In der 2012er Bilanz der Euroweb heißt es:
"Nach einem Jahresfehlbetrag von TEUR 209 im Vorjahr erwirtschaftete die Gesellschaft im Berichtsjahr einen Jahresüberschuss von TEUR 307. Dafür waren im Wesentlichen die folgenden Einflussfaktoren ausschlaggebend:

Das Rohergebnis sank gegenüber dem Vorjahr um TEUR 1.458. Dem stand allerdings ein stärkerer Rückgang bei den betrieblichen Aufwendungen von TEUR 2.497 gegenüber, wobei der Rückgang insbesondere auf die an Vertriebspartner zu zahlenden Provisionen entfiel."
Das klingt jenseits vom erkennbaren Euphemismus nach "krankgespart". Immerhin haben die anno 2012 "ersparten" Aufwendungen hinsichtlich der "an Vertriebspartner zu zahlenden Provisionen" (also die gesunkenen Umsätze) erheblichen negativen Einfluss auf die Einnahmen in den Folgejahren. Wie hat die Euroweb doch immer argumentiert? In der ersten Phase nach Vertragsschluss hätte diese die "höchsten Kosten, welche sich erst im Vertragsverlauf amortisieren". Es entfallen gegenüber einer stabilen Entwicklung in den nächsten 3 Folgejahren also Einnahmen und damit Deckungsbeiträge von je rund 1,5 Millionen Euro. Das ist ganz schön viel und zeigt, wie ein beschädigter Ruf das Unternehmen wirtschaftlich stark belastet - besonders wenn (wie es bei der Euroweb der Fall ist) ein im Marktvergleich extrem hoher Anteil von dessen Kosten Vertriebskosten sind.

Das bedeutet aber im Zusammenhang mit der 2011er Bilanz auch, dass der 2012 durch hartes Sparen erwirtschaftete Minigewinn im Wesentlichen noch auf den Einnahmen aus Verträgen aus den besseren Vorjahren (2009, 2010) basiert. Die fallen 2013 und 2014 weg. Danach ist die Gewinnprognose - so der Vertrieb nicht ganz eingestellt und "die Kuh (gemeint: cash-cow) also nicht ganz ausgemolken wird" (worauf der vorliegende Bericht allerdings Hinweise enthält) besser mit "Verlustprognose" zu überschreiben.

Denn im Bericht steht noch das hier:
"Demgegenüber trat das Neukundengeschäft in unserer Gesellschaft im Vergleich zu anderen Gesellschaften der Euroweb-Gruppe etwas in den Hintergrund, wobei die Anzahl der Neukunden unverändert die Anzahl der Kunden übertraf, die ihre Verträge nicht verlängert haben."
Interessant ist, was da nicht steht:
  • Da steht keine Prozentzahl. Demnach ist die ANZAHL der Kunden allenfalls im Promillebereich gewachsen. Der Euroweb ist es in einer Phase allgemeinen Wirtschaftswachstums also nicht mehr gelungen, hinsichtlich der Kundenzahl in bezifferbarem Umfang zu wachsen. 
  • Da steht auch nichts zum WERT der Verträge. Da das Rohergebnis aber um rund 6,5% gesunken ist, ist zu vermuten, dass der Umsatz und damit der Wert der neuen Verträge durchschnittlich sehr viel stärker gesunken ist. Mithin dass eine Verschiebung hin zu billigeren Verträgen stattfand welche in den Folgejahren weniger Deckungsbeiträge einbringen.
Wäre die Euroweb eine Aktiengesellschaft mit an der Börse gehandelten Anteilen, dann wären deren Aktien jetzt um geschätzte 20 bis 40% gesunken und demnach "Junk".

Und noch das hier:
"Die Bilanz ist auch nach einem Anstieg der Bilanzsumme weiterhin durch kurzfristige Forderungen geprägt, die rund 75 % der Bilanzsumme ausmachen."

Sowas gehört eigentlich unter "Riskobericht" und der Satz "Nach kritischer Würdigung aller zur Verfügung stehenden Informationen sind keine bestandsgefährdenden Risiken oder Risiken mit einem wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage erkennbar" dürfte da nicht stehen, denn schon die Finanzierung langfristiger Engagements durch kurzfristige Schulden ist immer ein Risiko hinsichtlich der Finanzlage.
"Nach mehreren Investitionen in junge Unternehmen, deren Produkte für die Euroweb interessante Perspektiven beinhalten könnten, ergab sich insbesondere beim Finanzanlagevermögen ein Anstieg."

Die haben also kurzfristige Schulden gemacht um langfristige Investitionen in risikante Neugründungen bzw. Beteiligungen an bisher Verluste einfahrende Unternehmen (z.B. salesworker, die offensichtlich auch heftig Verluste machen - 2011: 135.000 €; 2012: 700.000 €) zu finanzieren. Ich habe mal gelernt, die Finanzierung solcher "Questions" mit kurzfristigen Krediten sei ein "NO-GO". Das gehört betriebswirtschaftlich eigentlich auch unter "extremes Risiko".

Die Bilanz wird noch zu korrigieren sein, denn 
"Unsere Gesellschaft hat sich im Geschäftsjahr an der salesworker.com GmbH, Köln, beteiligt, und 25,1% der Anteile übernommen. Zum 31. Dezember 2011 weist die salesworker.com GmbH ein Eigenkapital von TEUR 45 und für 2011 einen Jahresfehlbetrag von TEUR 135 aus. Der Jahresabschluss der Beteiligungsgesellschaft für 2012 lag zum Zeitpunkt der Erstellung unseres Jahresabschlusses noch nicht vor."

Da gehen wohl noch mal rund 175.000 Euro (25% der 2012er Verluste der salesworker.com GmbH) ab, welche den durch hartes Sparen erwirtschafteten Minigewinn von 300.000 € mehr als halbieren.

Vom Rest können die Anteilseigner dann mal "zum Frisör gehen" um sich die "verbrannten Bärte" richten zu lassen.


Ich meine, falls die sich noch zu ihren [Ex-]Kunden trauen.

Sonstige Hinweise zur auf Unternehmensregister.de veröffentlichten Bilanz:

Da wurde wohl was falsch abgetippt, bzw. die Tabelle "vermurkst", was aber die Euroweb nicht zu vertreten hat:

Statt wie von "unternehmensregister.de" veröffentlicht:

2. Personalaufwand 3.650.382,84 €
a) Gehälter 630.893,24 €
b) Soziale Abgaben 4.281.276,08 €

muss es richtig lauten:

2. Personalaufwand 4.281.276,08 €
a) Gehälter 3.650.382,84 €
b) Soziale Abgaben 630.893,24 €

Hinweise für Anwälte von Euroweb-Gegnern:

Im Jahr 2012 wurden die "Bestände an angearbeiteten Aufträgen" (wie in den Vorjahren unter "Vorräte" erfasst und nicht mehr gesondert ausgewiesen) weiter gesenkt - aber nicht ganz auf Null gebracht. Es gab also zum einen auch 2012 noch "Füllaufträge", zum anderen beweist das Absinken vor Ende 2012, ganz besonders in den Vorjahren, dass es einen Stapel nicht abgearbeiteter Aufträge gab welcher vom Unternehmen zudem als "nicht wünschenswert" angesehen wurde. Ergo das die Gerichte hinsichtlich des "anderweitigen Einsatzes der Arbeitskraft" gemäß § 649 Satz 2 BGB massiv und in Täuschungsabsicht belogen wurden.

Zudem hat sich die Euroweb Internet GmbH ja laut eigenem Bericht im Vergleich zu anderen Gesellschaften der Euroweb-Gruppe nicht mehr auf das Neukundengeschäft konzentriert - was man als böswilliges Unterlassen des anderweitigen Erwerbs darstellen kann. ("Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.").

Und außerdem konnte die Euroweb die Arbeitskräfte aus dem selbst behaupteten Pool fest angestellter Webdesigner doch bei den anderen Gesellschaften einsetzen ... oder gab es diesen Pool nie?

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Demgegenüber trat das Neukundengeschäft in unserer Gesellschaft im Vergleich zu anderen Gesellschaften der Euroweb-Gruppe etwas in den Hintergrund"

Wahrscheinlich sind die anderen Gesellschaften erfolgreicher, weil sie weniger bekannt sind :-)

. hat gesagt…

Korrekt müsste das lauten: Wahrscheinlich sinddie anderen Gesellschaften erfolgreicher, weil sie noch weniger bekannt sind :-)

Aber das kann man ja ändern.

Anonym hat gesagt…

"Korrekt müsste das lauten: Wahrscheinlich sinddie anderen Gesellschaften erfolgreicher, weil sie noch weniger bekannt sind :-)

Aber das kann man ja ändern."

Ich finde, es sollte darauf ankommen, was da für Produkte wie verkauft werden. Sollte nämlich wider erwarten eine der Gesellschaften oder mehrere seriös umweltschützende Produkte anbieten bzw. nützliches zu fairen Preisen, wäre nichts gegen eine ausgewogene Darstellung einzuwenden. Oder doch? `;-)

. hat gesagt…

"Sollte nämlich wider erwarten eine der Gesellschaften oder mehrere seriös umweltschützende Produkte anbieten bzw. nützliches zu fairen Preisen,...

Ich fürchte allerdings, das umweltschützende Produkt bestände dann aus zwei Magneten.

So eine Firma soll ja gerade günstig zu kaufen sein ... und könnte für die Euroweb interessante Perspektiven beinhalten. Wäre auch die gleiche Kategorie: billigst Krempel, einkaufen, mit teurem Direktvertrieb noch teurer als "Superhightechprodukt" an übertölpelte verkaufen und auch die Rechtsanwälte könnten weiter beschäftigt werden... Verkauf dann nur an Firmen mit 4-Jahresabbo für den Service und Versand ab Bulgarien.

Anonym hat gesagt…

http://www.wfl-leverkusen.de/no_cache/presse/artikel/article/in-eigener-sache.html

. hat gesagt…

Bitte nicht nur URLs veröffentlichen. Der Spamfilter von Google sortiert derlei aus.

Anonym hat gesagt…

"Mit Urteil vom 25.04.2014 hat das LG Ingolstadt (Az. 42 O 318/13) eine Klage der Euroweb Internet GmbH gegen unsere Mandantschaft vollständig abgewiesen. "
Quelle:
http://www.fluegler.com/aktuelles

Anonym hat gesagt…

"Widersprüche zur eigenen Bilanz
...
Dort sind im Verhältnis zu den Personalkosten nur geringe Sozialabgaben ausgewiesen. Bei normalen Angestellten fallen rund 40 Prozent vom Bruttogehalt zwingend an – bei freien Mitarbeitern, die sich selbst versichern, nicht."
Quelle:
http://www.ramusiol.com/index.php/de/einzelne-rechtsbeitraege/einzelne-rechtsfragen/53-lg-meinngen-urteil-2-o-744-11

Kommentar veröffentlichen