Seiten

06.05.2012

Exkurs: Der Ansprechpartner im Medienrecht, die Hauskanzlei und eine selbstgefährdende Abmahnung

Neulich kam mir ja die schöne Abmahnung (vorsorglich: auch eine Information gemäß § 10 TMG darf man "Abmahnung" nennen) des frisch gebackenen "Rechtsanwaltes" Jean Paul Bohne für den selbsternannten "Ansprechpartner im Medienrecht" Philipp Berger in die Finger und ich hatte für beide und natürlich das andere Publikum auch schon einen Kurs hinsichtlich der §§ 192, 193 StGB gegeben. Der Philipp Berger hatte alsdann wohl einen besonders üblen Samstag.

Heute setze ich fort.

Als wackerer und gestandener Schlosser muss ich niemanden "Welpenschutz" gewähren über den man sagen kann "Du bist 18, vereidigt, hast gesoffen und geschossen". Das meint, die betreffende Person sei selbst für sich verantwortlich. In der Ostzone war der Suff übrigens keine Ausrede für Straftaten (und ich finde das besser als die West-Regelung), aber halt, ich schweife ab.

Der heute zu diskutierende Teil der Abmahnung, die ich wie gehabt als schlechtes Beispiel durchspreche, lautet buchstabengetreu wie folgt:

16.
Unter
http://joerg-reinholz.blogspot.de/2012/03/die-euroweb-verliert-nach-arglistiger.html


  • „Hauskanzlei“
Die Bezeichnung der Kanzlei unseres Mandanten als „Hauskanzlei“ ist
rechtswidrig. Denn durch diese Formulierung wird suggeriert,
unser Mandant führe keine unabhängige Kanzlei, sondern sei in einer „euroweb- eigenen“ Kanzlei tätig.

Jedenfalls ist diese Auslegung für den unbefangenen Leser möglich, was entsprechend der Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ausreichend ist  (vergleiche: Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom: 25.10.2005- 1 BvR 1696/98 - 25.10.2005).

Durch diese Äußerung wird unserem Mandanten unterstellt, er verstoße gegen seine Berufspflichten aus § 46 BRAO, § 1 Abs. 3 BORA. Denn nach § 46 BRAO darf ein Rechtsanwalt für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen  Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten oder Schiedsgerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden.

Durch die Bezeichnung „Hauskanzlei“ wird unserem Mandanten ein Verstoß gegen § 46 BRAO vorgeworfen. Die Verbreitung dieser Aussage ist ehrenrührig und greift maßgeblich in das Selbstbestimmungsrecht unseres Mandanten ein und verletzt seine Eigenart in seinem beruflichen Wirken. Die Äußerungen sind geeignet, das berufliche Ansehen unseres Mandanten zu schädigen und seine Berufsausführung zu gefährden.
Um Gottes willen, liebe juristisch interessierten Leser!

Sowas darf man seinen Gegnern niemals  in die Hände geben, denn diese werden auf der Stelle von allen Krankheiten, Parasiten und sonstigen Übeln befreit! Lachen ist nämlich ungeheuer gesund.

Und wie werden die lachen? Schallend und das auch als letzte!

Schon bei der Ansicht des Wortes "Hauskanzlei" als Gegenstand einer Abmahnung werden sich die Lachmuskeln Ihrer Gegner vorspannen. Wenn dann aber noch die "Begründung" gelesen wird wonach durch das Wort suggeriert werde, dass der Philipp Berger  keine unabhängige Kanzlei, sondern in einer „euroweb- eigenen“ Kanzlei tätig sei, dann wird ein unverbergbares Grinsen in den Gesichtern der Gegner sichtbar.

Wenn jetzt die Gegner den Webbrowser anwerfen und sich mal auf 123Recht.de oder auf der Webseite der Kanzlei Berger LLP oder der Berger Law LLP umsehen, dann werden die Gegner sofort herausfinden, dass der Anwalt Berger wie folgt selbst öffentlich(!) darstellt:
"Euroweb. Die Interessen dieses Unternehmens vertritt die Kanzlei BERGER LAW LLP."
oder 
Die Interessen von Euroweb vertritt die Kanzlei BERGER LAW LLP (Düsseldorf).

Da steht jeweils nicht "vertrat"(Präteritum), da steht "vertritt", das ist der Präsenz. Zudem haben Berichte des Herrn Berger über Verfahren, in welchen er nicht die Euroweb Internet GmbH oder eine der Tochterfirmen vertrat, einen außerordentlichen Seltenheitswert!

In Abmahnungen sieht es dann sogar so aus (ich selbst bekomme keine, wahrscheinlich weil ich mich sofort darüber lustig machen würde):


Als Text, weil es so schön ist:
"wie Sie sehr genau wissen, vertreten wir ständig die rechtlichen Interessen der Firma Euroweb Internet GmbH"

Und dann hätten wir noch das hier:



Das sieht nun so aus, als betone der  Anwalt Philipp Berger mit den Kanzleien "Berger & El Gendi", "Berger & Kollegen", "Berger Law LLP" und "Kanzlei Berger LLP" nicht nur ständig, sondern stetig selbst dass die "Berger LAW LLP" die "Hauskanzlei" der Euroweb sei. Denn nichts anderes als eine ständige oder zumindest häufige Vertretung verbirgt sich hinter dem Begriff, den viele Anwälte sogar als Werbung empfinden, jedenfalls wenn der Mandant seriös ist. Ok. ok... Ich gebe ja zu, das ist bei der Euroweb gerade nicht der Fall. Aber dass die Kanzlei dadurch mit einer bekannten unseriösen Firma in Verbindung gebracht wird war ja nicht abgemahnt und müsste nach den Berichten des Philipp Berger selbst auch nicht unterlassen werden.

Der Philipp Berger hat durch die Berichte seinen eigenen Ruf an den der Euroweb gekettet. Das wird ihn nach meiner Ansicht in naher Zukunft übel treffen. [Update, November 2017: Das ist eingetreten.]

Zurück zur Abmahnung:

Schon das Wort "Kanzlei" steht der von Philipp Berger an den Haaren herbeigezogenen Gleichsetzung mit einem angestellten Anwalt gemäß § 46 BRAO ganz klar entgegen. Der Begriff "Hauskanzlei" und das Wort "angestellt" passen nicht zusammen, denn anders als ein Anwalt (ist Person) kann eine Kanzlei (ist Firma) gar nicht angestellt sein! Die Gegner, die es herausfinden werden, die lachen dann so herzlich, dass alle Krankheit von ihnen abfällt wie Staub von einem trockenem Mantel. Blinde werden sehen und Lahme die Krücken wegwerfen.

Im Übrigen wäre, würde man dem Philipp Berger folgen, jede Äußerung "Mein Gegner und sein Anwalt" rechtswidrig, denn man könnte argumentieren: "weil es nicht völlig ausgeschlossen wäre, dass ein möglicher Leser es so versteht dass der Anwalt des Gegners dessen Sklave sei, das besitzanzeigende Wort "sein" weist sogar darauf hin!" - und das, ja das ...

Pardon! Bei den Römern war derlei durchaus möglich. Das ist allerdings so einige Staatenbildungen und Gesetzesänderungen her.

Es sei, wie es sei, kein Richter wird dem Anwalt Philipp Karl Berger darin folgen, dass der Begriff  "Hauskanzlei", ja noch nicht mal "Hausanwalt"(!) bei irgend einem Leser einen halbwegs ernsten Verdacht errege, dass  es sich um einen angestellten Anwalt handele.

Wenn jetzt die Gegner aber noch eine Suchmaschine benutzen und herausfinden, dass ein Amin El Gendi praktisch zeitlich die Euroweb Internet GmbH und die Kanzlei "Amin El Gendi & Philipp Berger" gründete (Der Berger war damals so frisch Anwalt wie es der Jean Paul Bohne es heute ist...), dann sind die Gegner, ja so gesund kann Lachen sein, auf Jahre hinaus vor allen Übeln gefeit!

Das Beste: Für die negative Feststellung dieses Sachverhaltes lässt sich ein außerordentlich hoher Streitwert rechtfertigen. Hatte doch die Kanzlei "Berger LAW LLP" die Euroweb in mehreren tausend Verfahren vertreten. Je Verfahren einen Tausender? Dann geht der Streitwert in die Millionen. Und wenn der Richter wegen der gesamten streitigen Abmahnung ohnehin einen ganz üblen Eindruck einerseits von der Arroganz und andererseits von den sehr begrenzten Fähigkeiten des selbsternannten "Ansprechpartners im Medienrecht" hat, dann wird er ein von Philipp Berger zu zahlendes, richtig teures Lehrgeld auch "bewilligen".

Und das erwähnte BVerfassG Urteil BVR 1696/98?

Das ist das berühmte "Stolpe-Urteil". Langweilig. Mal ganz ehrlich, würde jeder, der mal auf einen Link dazu geklickt hat, sich als "Ansprechpartner im Medienrecht" anbieten, dann hätten wir davon eine Schwemme!

Pardon. Ich irre schon wieder. Wir haben eine solche Schwemme von "Ansprechpartnern im Medienrecht". Das ist offensichtlich. Denn das ist nun wirklich nicht die erste oder gar einzige Abmahnung von oder für einen solchen "Spezialisten", die ich, ein kleiner Schlosser aus dem Osten, so "locker und im Vorbeigehen" auseinander nehme, dass man sich fragt, was der Berufsstand der Rechtsanwälte eigentlich für Voraussetzungen hat und was für ein "Ansprechpartner im Medienrecht" das überhaupt sein soll, wenn ein dahergelaufener Schlosser (aus dem Osten!) so deutlich bessere Auskünfte gibt!

Also, Herr "Rechtsanwalt" Philipp Berger von der Berger Law LLP und der Kanzlei Berger LLP: Wer, bitteschön, wer sollte Sie nach der hier besprochenen Abmahnung noch als "Ansprechpartnern im Medienrecht" akzeptieren?


Sie müssten schon der Hausanwalt dieser Person oder Firma sein, es müsste also ein ganz besonders unzerbrechliches Verhältnis zu diesem Mandant bestehen. Es sei denn der erfährt nicht, welche "großartige Hausnummer" Sie in diesem Geschäft wirklich darstellen. Jetzt jedenfalls kann er es erfahren.
---

Ich habe, anders als den Philipp Berger, den Jean Paul Bohne doch geschont. Der ist zwar als "Unterzeichner" der Abmahnung erwähnt, aber wie im "Zauberlehrling" gilt:
"Besen, Besen - seyds gewesen!"
Der Mann lernt noch. Nur der Meister taugt nicht. Der wird das aber nicht zugeben.

Und was das "Ändern" betrifft, da habe ich tiefe, von Tatsachen genährte Zweifel.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe beim Überfliegen ein paar Mal statt "Hausanwalt" das Wort "Hanswurst" gelesen. Komisch, als ich dann danach suchte stellte ich fest, dass es im Text gar nicht vorkommt.

Ist sicher Zauberei - oder irgend so ein blöder Psycho-Effekt. Stimmts?

. hat gesagt…

Das ist ganz normal und ein bekannter Effekt, dass man bei ausreichender optischer Ähnlichkeit (Länge, Geometrie des Umrisses) eines Wortes das liest, was man an der Stelle unbewusst erwartet. Deshalb ist es, ganz besonders sofort nach dem Schreiben, so schwer, eigene Texte zu korrigieren. Ich kenne das, auch bezogen auf Zeichen, vom Programmieren.

Dennoch empfehle ich Dir, den Gedanke an einen Augentest nicht gänzlich zu verdrängen. Aber so lange das nur spät abends auftritt musst Du Dir keine Sorgen machen. Gerade im Zustand der Übermüdung sind solche Effekte sehr häufig.

Ach so, "Hanswurst" stand da nie. Eine solche "Formalbeleidigung" würde ich einem Anwalt gegenüber natürlich nie gebrauchen. Ganz gleich, was ich vom ihm halte.

Anonym hat gesagt…

Wenn es zutrifft, dass dieses Schreiben echt und korrekt wieder gegeben ist, dann hielte ich es für geboten, die Inanspruchnahme von Hilfe zu empfehlen.

Natürlich nur, wenn dem Auftraggeber (der ja selbst Anwalt ist) nicht bewusst ist, dass er sich auf Grund bestimmter definierter und temporärer Umstände über den Inhalt des Schreibens nicht klar war. Wenn die Ursache bekannt ist sollte der Beruf nicht ausgeübt werden solange die temporären Zustände zutreffen oder bis die Ursache abgestellt ist.

Die Berufsordnung (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 BRAO) ist in dieser Frage recht eindeutig.

Kommentar veröffentlichen