"Das Gericht sah in dem vorliegenden Internet-System-Vertrag richtigerweise einen Pauschalpreisvertrag. Diesem immanent ist der Umstand, dass - wie beim Einheitspreisvertrag - nicht aufgeschlüsselt ist, welche Preise für welche Leistungen zu bezahlen sind. Dadurch wäre es dem Kunden möglich, bereits aus dem Vertrag herauszulesen, wie der Unternehmer zumindest grob kalkuliert.berichtet RA Otterbach über ein Euroweb-Verfahren. Das wäre der Anschluss des LG Ingolstadt an die "neue Düsseldorfer Linie" Und weiter zitiert er wohl das Gericht:
Konsequent vertritt daher das LG Ingolstadt die Meinung, dass deshalb eine nähere Offenlegung der Kalkulation notwendig ist, um das Rechtswahrungsinteresse des Bestellers zu erfüllen. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wenn ja wie konkret Euroweb seine Vertragskalkulation offenlegt."
"Trifft es zu, dass - wie die Klägerseite ausgeführt hat - das Angebot tatsächlich ein für die Beklagte günstiges Angebot war, wäre der entsprechende Vortrag - die Richtigkeit der Angaben der Beklagten unterstellt - durch den Zeugen K. nicht als arglistige Täuschung zu werten."
Ups! Da brauen sich dunkle Wolken am Prozesshimmel der Euroweb zusammen. Das so genannte "Kaufkundenangebot" durften die Verkäufer gar nicht verkaufen. Es war schon immer nur ein Mondpreisangebot mit dem die Käufer getäuscht wurden (pdf). So außer mir mindestens auch das LG Hildesheim.
Das war die Geschichte (unten als Nummer 3), in der die Euroweb (wie in weiteren 4 Verfahren mit dem Gegenstand "arglistige Täuschung") auch die Revisonen vor dem BGH zurück nahm um eine höchstrichterliche Entscheidung zu vermeiden:
- BGH, VII ZR 186/10 14.09.2011 (Arglistige Täuschung, Revision von Euroweb zurückgenommen)
- BGH, VII ZR 208/10 07.04.2011 (Arglistige Täuschung, Revision von Euroweb zurückgenommen)
- BGH, VII ZR 22/11 15.04.2011 (Arglistige Täuschung, Revision von Euroweb zurückgenommen)
- BGH, VII ZR 43/11 15.04.2011 (Arglistige Täuschung, Revision von Euroweb zurückgenommen)
- BGH, VII ZR 44/11 15.04.2011 (Arglistige Täuschung, Revision von Euroweb zurückgenommen)
Demnach sind wohl inzwischen auch die finanziellen Möglichkeiten der Euroweb zur Führung von Prozessen "ins Blaue hinein" begrenzt. Das lässt hoffen, dass mit der Euroweb auch deren "Referenzkundenmasche" als Beispiel dafür gelten wird, dass und wie eine solche auf Abzocke ausgerichtete Unternehmensphilosophie als "wirtschaftlich uninteressant" den Bach runter geht.
Anwalt Otterbach schreibt an anderer Stelle weiter:
"Diese Hinweise veranlassten den anwaltlichen Vertreter der Euroweb Internet GmbH dazu, seine bereits außerhalb des Verfahrens angebotenen Vergleichsbeträge weiter nach unten zu korrigieren. Ungeachtet dessen bestehen wir darauf, die Kalkulation vorzulegen und entsprechend zu prüfen. Das Verfahren wird daher fortgesetzt bis die Euroweb Internet GmbH die entsprechende Vertragskalkulation vorlegt."Tja. Die aktuelle "Euroweb-Strategie" sieht wohl etwa so aus:
- "Vertragsabschluss"
- Kündigung
- "Wir wollen alles! Wir haben Anwälte! Harr! Harr!"
- "Dann klagt doch..."
- Vergleichsangebot
- Prozess
- deutlich besseres Vergleichsangebot
- "Nö."
- Klagerücknahme
- "Nö."
- Urteil zu Gunsten der Beklagten
- Berufung der Euroweb
- Berufungsrücknahme
- Urteil zu Gunsten der Beklagten
- Berufung der Euroweb
- Berufungsurteil zu Gunsten der Beklagten
- Revision der Euroweb
- Revisionsrücknahme
3 Kommentare:
... aber mist kann brennen. sehr gut sogar.
schönes sprachbild am ende, danke dafür sagt ein treuer leser!
http://www.internet-system-vertrag.info/rechtsprechung/
http://www.internet-system-vertrag.info/impressum/
Dem muss man aber hinzufügen, dass die Auswahl des allerwertesten Herrn Rechtsanwaltes Buchholz definitiv "nicht ganz" den Stand der Dinge abbildet. OLG Düsseldorf I-5 U 164/12 fehlt ebenso wie die große Anzahl der danach geschlossenen und für die Gegner günstigen Vergleiche. Im Hinweisbeschluss vom I-5 U 58/13 führt das Gericht sogar aus, was es hören will:
"Die Klägerin (Gegner der Euroweb) hat - entgegen der Auffassung des Landgerichtes - keinen ergänzenden Vortrag der Beklagten (Euroweb) angemahnt, den sie benötigt, um die Ausführungen der Beklagten kritisch zu hinterfragen und eine höhere Ersparnis sowie Füllaufträge dazulegen und zu beweisen."
(Wie die Sache ausging fehlt dort, eventuell läuft das Verfahren noch.)
Dann könnte die Klägerin sogar heute noch vortragen. z.B. wenn diese von mir erfährt, dass die Erstellung der Webseite der Buchholz und Kollegen monatelang gedauert hat: Der Wartezeit von ca. 4 Monaten nach muss es nämlich Füllaufträge gegeben haben.
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