18.07.2021

KatastrophentouristInnen sollen nordrhein-westfälisches Hochwassergebiet meiden!

Derzeit werden überall Aufforderungen verbreitet, nicht als KatastrophentouristInnen in das nordrhein-westfälisches Hochwassergebiet zu reisen. Man werde deren Fahrzeuge „brutal in den Bach stoßen“ um die Verkehrswege für wichtige Transporte frei zu halten!

Die KatastrophentouristInnen behindern insbesondere die zahlreichen, höchst wichtigen KatastrophenwahlkämpferInnen, die mit jeweils einem ganzen Tross von JournalistInnen, PR-FirmenvertreterInnen, parteinahen InfluenzerInnen (mit beeindruckenden Operationsergebnissen an Lippen, Titten und Ärschen - ab 550€ sogar mit „Happy-End-Garantie“ buchbar), VersorgerInnen (Catering, Partyzelte, Dieselgeneratoren, Tankwagen, mobile Scheißhäuser), dem stets um eine „angemessene“ Bevölkerungsnähe besorgtem und nur deshalb bewaffnetem Sicherheitspersonal, motorisiert mit Polizei- und Bergepanzern, Wasserwerfern (natürlich wurde das Wasser sterilisiert - und zwar mit Tränengas), LKWs sowie SUVs oder wenigstens deutschen Oberklasselimousinen (alles in der höchsten ökologischen Einstufung „Panzer“) in diese Gebiete reisen, um heldenhaft-dümmlich, schauspielerisch-betreten oder erfreut in Kameralinsen zu grinsen, den Betroffenen schnelle Hilfe zu versprechen und sich selbst sofort zu helfen.

Auch den Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk, Baumaschinen- sowie Rettungswagenfahrern wird (freilich nicht via Presse oder Rundfunk, sondern vermittels individueller Benachrichtigung durch schwer bewaffnete Vogonen) nahegelegt, nach dem bevorzugten Beräumen und Wiederherstellung der Straßen zu den Orten mit besonders eindrucksvoller Aussicht auf die Schäden, diese für die überaus wichtigen Maßnahmen der PolitikerInnenprofilierung frei zu halten und darauf nicht etwa irgendwelchen unwichtigen Kram (z.b. Wasserpumpen, Generatoren, Bagger), unwichtige Leute (zu erkennen an Werkzeugen wie Hacken und Schaufeln) oder gar diese völlig nutzlosen Verletzten (oder zu Obdachlosen gewordenen) umherzufahren. Gleiches gälte für die Hubschrauberlandeplätze, alle noch lieferfähigen Tankstellen und deren Zufahrten, welche für die VIPs freizuhalten seien und notfalls (wenn Könige nebst Hofstaaten reisen geraten die bereisten Orte halt traditionell in Not) auch brutal geräumt werden.

 Sinnbild: „Reisende Könige“ (mittelalterliche Malerei),
Foto: JBLD Stromberg, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Statt also völlig nutzlos herumzuwuseln (und womöglich wegen angeblicher Behinderungen zu protestieren) haben Feuerwehren, DLRG und das Technische Hilfswerk neu eingekleidetes Personal und neuwertige, saubere Fahrzeuge als Statisten bzw. Hintergrund für Presse- und Fototermine zu stellen. Freilich dürfen die sich den Einrichtungen für VIPs nicht nähern, dieses natürlich einzig aus der Sorge heraus, dass manche eine unentdeckte Allergie z.B. gegen Kaviarhäppchen oder seltene Sektsorten haben.

In Berlin tagen die Lobbyverbände schon direkt im Bundestag und in den Ministerien, beraten dabei, wie die von den Katastrophenwahlkämpfern versprochenen Finanzhilfen möglichst verlustfrei, direkt und schnell bei Großkonzernen und „wichtigen Unternehmern“ aus der PR- und Beraterbranche ankommen um die Gewinne der Unternehmen in vergleichsweise regenarmen Gebieten zu erhöhen, die jedem Korruptionsvorwurf widersprechenden 1-Mio-€-Beraterverträge für wichtige und also versorgungsbedürftige Parteigenossen und natürlich die Umsätze von Sportwagenhändlern in der Schweiz zu sichern. Für die Bevölkerung und lokale mittelständische Betriebe im Katastrophengebiet entwickle ein Konsortium schon eine „App“, welche deren Hilfsanträge und somit die eingereichten Formulare (Es sind nur die Jahresabschlüsse der letzten 20 Jahre und ein Testat vom Steuerberater und Notar, welche Schäden eingetreten sind, binnen 3 Tagen vorzulegen) datenschutzkonform in /dev/null speichere. Damit das schnell gehe habe man einen 20-Mio-Auftrag freihändig und unbürokratisch (auf Quatsch wie Leistungsbeschreibungen oder Garantien wurde der Eile wegen verzichtet) an ein im Wahlkampf nützliches und also leistungsfähiges PR-Unternehmen vergeben und natürlich sofort bezahlt.

Dieses Mal wird das besser klappen, man habe aus der Covid-19-Krise viel gelernt: So seien etliche Millionen, besonders für den Einsatz unter Wasser geeignete COVID-19-Schutzmasken nach NRW unterwegs.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wow. Der deutsche Katastrophenwahlkampf in genau 9 Sätzen.

Anonym hat gesagt…

Man könnte ja meinen, der Reinholz sei ein Spinner - aber da heute die Nachricht folgte, dass Reimerzhoven heute zum ersten Mal von Rettern erreicht wurde, hat er recht: Es werden Ressourcen für den Wahlkampf benutzt, die betroffene Bevölkerung ist den Politikern völlig egal.

https://www.focus.de/panorama/wetter-aktuell/hilfe-fuer-die-abgeschnittenen-hochwassergebiete-nur-ein-amphibienfahrzeug-schafft-es-in-die-unerreichbaren-hochwassergebiete-im-ahrtal_id_13516566.html

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