Was war:
Bisher haftete der Anschlussinhaber immer dann wenn seine WLAN-Verbindung von Dritten fĂŒr illegale AktivitĂ€ten, insbesondere illegales Filesharing, genutzt wurde. Es sei denn er hat sein WLAN gegen unberechtigten Zugang gesichert, verschlĂŒsselt und eventuelle Mitbenutzer darĂŒber belehrt, dass diese nichts rechtswidriges tun dĂŒrfen.
Was ist:
Der erste Zivilsenat des BGH hat die Mitstörerhaftung (und nicht die "Störerhaftung") fĂŒr diejenigen eingeschrĂ€nkt, welche das WLAN mit Dritten, z.b. Besuchern, teilen.
(Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 86/15)
Wlan kann und darf GĂ€sten oder Besuchern zur VerfĂŒgung gestellt werden, ohne dass man fĂŒrchten muss, möglicherweise fĂŒr deren illegale InternetaktivitĂ€ten haften zu mĂŒssen. Erwachsene, die den Internetanschluss des Gastgebers nutzen, mĂŒssen nicht eigens darĂŒber belehrt werden, dass Downloads und Filesharing geschĂŒtzter Filme und Musiktitel im Netz verboten sind. In der mĂŒndlichen UrteilsbegrĂŒndung wurde durch den BGH-Senatsvorsitzenden Wolfgang BĂŒscher eine solche Belehrungspflicht als "nicht sozialadĂ€quat" bezeichnet. Eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte fĂŒr eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses sei nicht zumutbar. Das gilt erst recht fĂŒr die von Abmahnnabzockern immer gern ins Feld gefĂŒhrte Kontrollpflicht. Was sich jene Richter bisher dabei dachten, welche verlangten, dass man als Anschlussinhaber seine erwachsenen Besucher belehre und dann deren Nutzungsweise auch noch kontrolliere, liegt im Braunen.
Mit seiner modern anmutenden Entscheidung hat der BGH im Rahmen der derzeit geltenden Gesetze vorweggenommen was der Gesetzgeber erst noch umsetzen will. Ich gehe davon aus, dass die Eile mit der groĂe Koalition eben diese Mitstörerhaftung auch per Gesetz abschaffen will dem Umstand geschuldet ist, dass die Regierung von der Entscheidung vorab wusste und nicht belĂ€mmert dastehen wollte. Das mit er GesetzesĂ€nderung auch die Belehrung fĂŒr das Handeln MinderjĂ€hriger (Vorsicht: nicht der eigenen Kinder) und die VerschlĂŒsselungspflicht entfĂ€llt dĂŒrfte dem Umstand geschuldet sein, dass die Regierung im Hinblick auf die kommenden Bundestagswahlen vieles vermeidet was diese WĂ€hlerstimmen kostet. Was "sozialadĂ€quat" ist haben inzwischen zahlreiche BĂŒrger die Regierung wissen lassen. Genauer: Das der bis heute auf Grund des "Mitstörerhaftungswahns" geltende Zustand (VerschlĂŒsselungs-, ZugangsbeschrĂ€nkungs- und Belehrungspflicht - letztere nun nur noch bei Kindern) und der vormals geplante Unsinn (bescheuerte Vorschaltseite mit Belehrung) nicht "sozialadĂ€quat" sind.
Was wird:
Insbesondere die sehr spezialisierte MĂŒnchner Abmahnkanzlei Walldorf Frommer dĂŒrfte sich wohl spĂ€testens jetzt auf die Suche nach neuen Einkommensquellen machen. Denn durch die Entscheidung wĂ€chst fĂŒr deren Mandanten zumindest das Prozesskostenrisiko: Die verlieren immer dann wenn Dritte (eben Mitnutzer des WLAN) fĂŒr die Störung in Frage kommen und der Anschlussinhaber fest und einigermaĂen glaubwĂŒrdig behauptet, dass er es nicht gewesen sei. Da dĂŒrfte es schwierig sein, Mandanten zu finden - denn diese wollen gewiss kein Geld zum Fenster raus werfen.
Der "Rechteinhaber" muss nun nĂ€mlich nachweisen, wer der "Störer" ist. So wie bisher einfach und völlig inadĂ€quat den Anschlussinhaber als "Mitstörer" in Haftung zu nehmen und âganze Familien in den Ruinâ zu treiben" (so jedenfalls die Verbraucherzentrale Hamburg) geht nun nicht mehr so einfach, denn die Betroffenen können sich jetzt effektiv wehren.
Wie man sich ggf. wehrt:
Auf die Abmahnung hin entgegnet man, dass man das WLAN-Passwort volljĂ€hrigen Nachbarn und/oder guten Freunden, Verwandten, in der Wohnung tĂ€tigen Handwerkern, ... ĂŒberlassen habe damit diese das WLAN nutzen können und natĂŒrlich, dass man selbst die vorgehaltene Tat nicht begangen habe
Vor Gericht (falls dann noch geklagt werden sollte) legt man einen Nachweis vor , dass mehrere Nutzer die WLAN-Verbindung nutzen. Das kann z.B. durch den Ausdruck einer Webseite des Routers erfolgen:
Dazu die Versicherung an Eides statt, dass und wann die Liste als Teil der Webseite des eigenen Routers ausgedruckt wurde, das man nicht Besitzer welches oder welcher der GerĂ€te ist und das man auch nicht wisse, wem welches GerĂ€t gehöre und dass man das WLAN-Passwort volljĂ€hrigen Nachbarn und/oder guten Freunden, Verwandten, in der Wohnung tĂ€tigen Handwerkern, ... ĂŒberlassen habe damit diese das WLAN nutzen können und natĂŒrlich, dass man selbst die vorgehaltene Tat nicht begangen habe - so dĂŒrfte man nach dem BHG-Urteil aus der Haftung sein. Denn danach mĂŒssen die KlĂ€ger das Gegenteil beweisen.
Die wieder gegebene Liste können Sie ĂŒbrigens nicht verwenden (dann wĂ€ren Sie ein ziemlich dĂ€mlicher LĂŒgner und ich hĂ€tte keinerlei Mitleid) - es muss schon eine eigene, und erst vor Gericht möglicherweise eine ungeschwĂ€rzte sein. Eine solche Liste also ruhig unter Hinweis auf möglicherweise zu schĂŒtzende Daten wie oben ersichtlich geschwĂ€rzt einreichen aber gleichzeitig um einen gerichtlichen Hinweis fĂŒr den Fall bitten, wenn das so nicht genĂŒgen sollte.
Die Kanzlei Walldorf-Frommer hat mich selbst ĂŒbrigens auch im Oktober 2015 abgemahnt, aber bis heute nicht verklagt - wohl weil ich darlegte, dass es mehrere Mitnutzer in meinem WLAN (sĂ€mtliche Nachbarn) gibt, welche sĂ€mtlich volljĂ€hrig sind und bei Ausgabe des Passwortes belehrt wurden. Das war noch gemÀà der alten Rechtslage. AuĂerdem hatte ich fĂŒr den Zeitpunkt fĂŒr mich selbst sogar eine Hotelrechnung und konnte also (potentiell, denn der Kanzlei Walldorf Frommer habe ich diese natĂŒrlich nicht vorgelegt) beweisen, dass ich selbst als "Störer" oder "Verletzung" nicht in Frage kam. Also war es, so legte ich dar, ein Nachbar oder eine befreundete Person. Ich aber weiĂ nicht wer es war und das muss ich auch nicht. Die Kanzlei Walldorf-Frommer hat mir zu dem auch nicht (wie von mir verlangt) alle Daten ĂŒbersandt, "welche bei der Identifikation des Nutzers hilfreich sein können."
Wem es nĂŒtzt:
Nunmehr können Hotel- und GaststĂ€ttenbesitzer, Ladenbesitzer, Wohngemeinschaftsgenossen und sogar einfach nur Nachbarn oder Freunde den Internetzugang teilen ohne in Sorge sein zu mĂŒssen, dass einer der GĂ€ste oder Mitnutzer durch versehentliches oder absichtliches Filesharing eine extrem teure Inanspruchnahme als "Mitstörer" verursacht. Denkbar ist sogar, dass sich Nachbarn den Zugang teilen und einer sich einen Zugang fĂŒr SIP-Telefonie ĂŒber einen Anbieter einrichtet. Diese könnten sich ebenfalls sehr freuen.
Wem es nicht nĂŒtzt:
Das Angebot des Euroweb-Ablegers Net365 GmbH (oder anderer ) dĂŒrfte obsolet sein. Wer es gekauft hat sitzt jetzt auf einem weitgehend unnĂŒtzen Vertrag und Ă€rgert seine GĂ€ste wenn er denen die "arschlangsame" Verbindung ĂŒber Bulgarien und die mögliche Sperrung von OnlinebankingzugĂ€ngen weiter zumutet.
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