Update: Der BGH hat das besprochene Schandurteil aufgehoben.
Der 15 Zivilsenat des OLG Frankfurt (Richter Kölsch als Einzelrichter)
hatte zuvor eben so kläglich versagt wie Richter Prietz von LG Kassel.
Eine
SCS-Schneider GmbH (Geschäftsführer ein Marcus Schneider) bietet für
viel Geld ein angebliches Energiesparsystem an, dessen angebliche
Funktionsweise reichlich obskur erscheint. Es besteht aus Magneten...
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Figur 1: Angebliche Funktion des Ecojet-Systems - "exzellente Pseudowissenschaft" |
Die SCS-Schneider GmbH behauptet also, es komme
insgesamt zu einer vollständigeren Verbrennung, die
Verbrennungstemperatur und die Reaktionsgeschwindigkeit steige.
Dagegen (1):
Der Energieerhaltungssatz würde verletzt
In
der Schule haben wir einst gelernt, dass Energie nicht aus einem Nichts
entsteht, sondern dass nur verschiedene Energieformen ineinander
umgewandelt werden. Selbst bei Atombomben resultiert die
Energieerzeugung aus einem Masseschwund, seit Einstein ist bekannt, dass
Masse und Energie letzendlich zwei unterschiedliche, ineinander
umformbare Zustände von Materie sind. Das ein solcher Prozess
stattfindet behauptet aber die SCS-Schneider GmbH auch gar nicht - denn
sonst wäre deren Anlage ja ein Atomkraftwerk...
Die Werbeaussage
"Die van-der-Waals Kräfte werden beeinflusst, es kommt zur Induktion von temporären Dipolen, also einer Ladungsverschiebung"
erweist sich als unsinniges, anscheinwissenschaftliches
"Superplapla".
Wenn das stimmen würde, dann käme wohl weder das Heizöl noch das Gas
ohne erheblich Widerstand zu leisten durch die Düsen - denn die
Ausrichtung der angeblichen Dipole müsste hierfür wieder verändert
werden. Dafür wäre ein erheblicher Mehraufwand von Nöten. Und zwar an
teurer Elektroenergie. Für die Pumpen. Und: In den Düsen würde alles
wieder verwirbelt, was den behaupteten Effekt zunichte macht.
Konzentrieren
wir uns also auf die übliche Funktion eines Heizkessels: Hier wird eine
Stoffmischung verbrannt, die entweder ein Heizöl oder ein Gas ist. In
jedem Fall sind es Kohlenwasserstoffe. Bei denen bestehen (in Chemie
hatte ich im Abitur - Vornote, schriftliche und mündliche Prüfung - eine
glatte Eins), niemals Verbindungen zwischen Wasserstoffatomen
untereinander, sondern stets mit einem anderen Stoff - in der Regel mit
Kohlenstoff, allerdings sind diese Kohlenwasserstoffe nicht rein, so
also auch insbesondere mit Sauerstoff - z.B. bei
Alkoholen oder einigen als gesundheitsschädlich bekannten Derivaten der Benzole z.B.
Cumol.
Bei
der vollständigen Verbrennung dieser Stoffe wird immer die selbe
Energiemenge frei. Damit ist jetzt zu prüfen, was die Aussage
"Es werden Wasserstoffbrücken gelöst, so dass mehr Sauerstoff angebunden werden kann."
her gibt.
- Die Hauptbestandteile des Heizöls sind vorwiegend Alkane, Cycloalkane und aromatische Kohlenwasserstoffe mit etwa 9 bis 22 Kohlenstoff-Atomen pro Molekül.
- Die ebenfalls zum Heizen verwendeten Erdgase bestehen hauptsächlich aus hochentzündlichem Methan, unterscheiden sich aber in ihrer weiteren chemischen Zusammensetzung.
- Die ebenfalls zum Heizen verwendeten Gase Butan und Propan sind (weit überwiegend) kettenförmige Kohlenwasserstoffe.
Für diese Heizstoffe behauptet die SCS-Schneider GmbH (Geschäftsführer Marcus Schneider) mit dem Ecojet-System würden
"Wasserstoffbrücken gelöst, so dass mehr Sauerstoff angebunden werden kann." Das bedarf der Würdigung.
Chemische Grundlagen
Die
Verbrennung ist ein Prozess, bei dem chemische Energie in Wärmeenergie
verwandelt wird. Wir erinnern uns an den Energieerhaltungssatz.
- Wasserstoff ist "einwertig". Ein Wasserstoffatom kann also immer nur
eine molekulare Verbindung zu genau einem anderen Atom herstellen. Das
ist eine Grenze, die unüberwindbar ist. Deshalb binden sich stets zwei
Wasserstoffatome an ein Sauerstoffatom, Sauerstoff ist zweiwertig, kann
also zwei Brücken bilden, die von je einem Wasserstoffatom besetzt
werden. Es ist nichts ersichtlich oder denkbar, wie hier "mehr
Sauerstoff" angebunden werden soll.
- Kohlenstoff ist "vierwertig". Es kann z.B. als Methan 4
Wasserstoffatome, als Kohlendioxid zwei Sauerstoffatome anbinden. Es
kann aber auch, unter Sauerstoffmangel verbrannt, unter Anbindung eines
Sauerstoffatoms zu Kohlenmonoxyd verbrennen, wobei nur 2 der möglichen
Bindungen zum stets zweiwertigen Sauerstoff benutzt werden. Mehr dazu
unter "Chemische Verbrennung".
Löst man in den Hauptbestandteilen von Heizöl oder Gas (Erdgas),
wie die SCS-Schneider GmbH behauptet, Wasserstoffbrücken, so entstände
aber noch in der Leitung atomarer Wasserstoff und womöglich sogar
atomarer Kohlenstoff - und zwar, wenn die Steigerung der Heizleistung
von 7,9% stimmen soll in erheblicher Menge.
Doch dafür braucht man außerdem auch noch eine Menge Energie!
Dagegen (2)
Auf die Reaktionsgeschwindigkeit kommt es nicht an
Um
die Umsatzmenge der Stoffe einer chemischen Reaktion zu erhöhen kann
man deren Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen. Das wird durch die
Regulierung von Temperaturen, Drücken erreicht oder durch das Einbringen
von Katalysatoren. Man kann aber auch einfach den Reaktor vergrößern.
Bei Heizkesseln ist der Reaktor (Brennraum) vergleichbar klein. Würden
die - an der Energieeffizienz der Heizkessel forschenden Hersteller eine
höhere Reaktionsgeschwindigkeit wünschen, dann könnten die das auch
erreichen. Man kann davon ausgehen, die nur behauptete Erhöhung der
Reaktionsgeschwindigkeit ist ohne Einfluss, vielleicht sogar unerwünscht
!
Dagegen (3):
Hat die SCS-Schneider etwa das Perpetuum Mobile erfunden?
Fraglich
ist also, woher denn die, für die behauptete Lösung der
Wasserstoffbrücken notwendige, nicht geringe Energie käme. Vom Magnet
kann diese nicht stammen, denn der wäre irgendwann "leer". Käme als
Energielieferant der Durchfluss des Brennstoffes durch das Magnetfeld in
Betracht. Das bedeutet aber: Diese Energiezufuhr muss teuer bezahlt
werden, denn der Brennstoff müsste (das Verfahren gibt das nicht her)
dann gegen einen Widerstand gepumpt werden. Die behauptete Zufuhr der
Energie ließe sich dann direkt am Stromzähler beweisen - unter einer
extremen Kostensteigerung statt einer Einsparung. Außerdem müsste die
Pumpe getauscht werden, denn die bestehende kann das nicht leisten. Der
Gasdruck (bei Gasheizungen) reicht dafür ebenfalls nicht. Ich verzichte
mal auf die Berechnung.
Dagegen (4):
Chemische Verbrennung
Der Verbrennungsprozess ist zwar mehrstufig und kompliziert, aber im Wesentlichen läuft dieser auf das folgende heraus:
- Zuerst werden die Kohlenwasserstoffe aufgespalten. Hierfür ist Energie notwendig. (Anzünden....)
- Danach werden die Wasserstoffatome zu Wasser verbrannt, hierbei
werden immer 2 Wasserstoffatome und ein Sauerstoffatom zu einem
Wassermolekül. Dieser Prozess liefert Energie.
- Außerdem wird Kohlenstoff zu Kohlenmonoxid, dieses dann zu Kohlendioxid verbrannt. Diese Prozesse liefern Energie.
Der einzige Punkt, an welchen "
mehr Sauerstoff angebunden werden kann" ist also die Kohlenstoffverbrennung. Dieses würde sich in zwei Punkten realisieren:
- Es entstände im Abgas weniger Ruß.
- Es entstände im Abgas weniger Kohlenmonoxid.
Ich komme zu dem Schluss: Die Behauptung, dass "Wasserstoffbrücken gelöst, so dass mehr Sauerstoff angebunden werden kann." ist nicht haltbar.
Würde
die Behauptung der Fuldabrücker SCS-GmbH des Marcus Scheider stimmen
und würde in einem Maßstab Ruß oder Kohlenmondoxid den Schornstein einer
Heizanlage verlassen, dass durch eine bessere Verbrennung (
"mehr Sauerstoff")
7% Prozent oder mehr an Öl oder Gas einzusparen sein, dann würde diese
Heizanlage stillgelegt oder bekäme erst gar nicht eine Zulassung:
Kohlenstoffmonoxid
(CO) ist ein
sehr giftiges Gas welches bei einer unvollkommenen Verbrennung
entsteht. Der Anteil von CO im Abgas darf einen Grenzwert von 1170 ppm
nicht überschreiten. das bedeutet: Nur 1170 von einer Million Molekülen
im Abgas (~0,1%) dürfen Kohlenmonoxid-Moleküle sein.
Luft
hat knapp 80% (oder 800.000 ppm) Stickstoff, knapp 20% (oder
200.000ppm) Sauerstoff. Im Abgas finden sich die eingetragenen
Stickstoffmoleküle (im Wesentlichen) unverändert, geringste Mengen an
Stickoxiden), Wasser, Kohlendioxid, geringste Mengen Kohlenmonoxyd und -
nur bei Ölfeuerungsanlagen - geringste Mengen an Ruß.
Diese wird auch überwacht.
Eine
Erhöhung der Verbrennungstemperatur würde übrigens zu einer Erhöhung
des Anteils der Stickoxyde führen. Das ist einerseits wegen deren
Giftigkeit sehr unerwünscht und senkt andererseits sogar die
Energieeffizienz, denn die Oxydation von Stickstoff verbraucht Energie.
Würde
eine im Abgas vorliegende Menge an Ruß und Kohlenmonoxid es zulassen,
bei einer besseren Verbrennung 7% mehr Energie zu gewinnen, dann würde
die Heizanlage als Giftschleuder zwangsweise stillgelegt und versiegelt,
denn dann müssten der Anteil am stark giftigen und noch nutzbare
Energie enthaltendem CO, grob überschlagen rund 60.000 ppm betragen.
Alternativ würden die Nachbarn ihre Gemüseernten und die
Dekontaminierung des Gartens in Rechnung stellen - wegen des wohl
zentnerweise ausgestoßenen Rußes an dem dann auch stets giftige
Kohlenwasserstoffe anhaften.
Dagegen (5)
Wettbewerb der Hersteller
Die
Hersteller der Heizungsanlagen stehen in einem Wettbewerb. Eines der in
diesem Wettbewerb höchst wichtigen Merkmale ist die Energieeffizienz
von Heizungsanlagen. Effiziente Anlagen wie z. B. Gas-Brennwertkessel
können unter günstigen Umständen Wirkungsgrade von über 95 % bezogen auf
den
Brennwert oder über 105 % bezogen auf den (etwas niedrigeren)
Heizwert
erreichen. Eine weitere Steigerung um 7%, einfach durch den Einsatz von
vergleichsweise billigen Magneten, wie es die SCS verspricht? Das
würden die machen! Machen die aber nicht. Warum nicht? Weil es nichts
bringt!
Fazit:
Das
von der SCS-Schneider GmbH (Geschäftsführer ein Marcus Schneider)
angebotene System kann die öffentlich und beim Verkauf gegebenen
Versprechen gar nicht erfüllen. Die behauptete Funktionsweise erweist
sich bei sachlicher Betrachtung als etwas, was mit
"grober, nur wissenschaftlich klingender Unsinn" richtig beschrieben ist. Ich wüsste nichts, warum ich das nicht
"Scharlatanerie" nennen sollte.
Personas:
Die SCS GmbH des Marcus Schneider in Fuldabrück nennt als Ansprechpartner u.a.
- Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Findeisen (Dresden)
- Dipl.- Ing. Peter Freund (Hannover)
- Dipl.-Ing. (FH) Olaf Brokate (Vöhrum)
- Dipl.-Ing., VDI Günter Gumz (Kassel)
Ich bin schwer enttäuscht, dass sich Ingenieure dazu hergeben,
ein solches teures aber nutzloses Produkt - bei dem es offensichtlich
nicht mal zum Placeboeffekt reicht - zu verkaufen.
Aber bitteschön: Mir ist längst nicht nur
ein
Rechtsanwalt bekannt, mir sind sogar Richter (z.B. der Fall Wolski)
bekannt, die nicht nur entgegen der Berufsehre handelten, sondern sogar
kriminell wurden. Man kann auf Titel also einfach nichts mehr geben.
Geschichtliches:
Das
Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) veröffentlichte im Juni 2009 ein
Infoblatt, das sich eingehend mit angeblich energiesparenden Magneten,
den Versprechungen der Anbieter und den angeblichen
wissenschaftlichen Hintergründen befasste und zu dem eindeutigen Schluss
gelangte:
"Diese Magnettechnik hilft nicht, Brennstoff zu sparen".
Ein
zum "Ecojet" nahezu identisches System hatte die SCS-Schneider GmbH,
mit dem nahezu gleichen Vormachen noch von einem Sitz in Bayern aus, als
"Ecojet Powerjet" für Fahrzeuge angeboten.
Der ADAC hat es anno 2000 getestet und kam zu dem Schluss, dass die versprochene Einsparung nicht stattfindet:
"Auch
der Ecojet Powerjet Baseline 800 (696 Mark ohne Einbau) konnte die
Werbeversprechungen nicht einlösen. Dieses System, das mit
Kunststoffbändern über der Kraftstoffleitung befestigt wird, arbeitet
ebenfalls mit Magnetfeldern. Der Wirkmechanismus, der vom Hersteller
selbst nicht im Detail erklärt werden kann, soll zu einer
Verbrauchsreduzierung um bis zu 12 Prozent führen. Tatsächlich wurden keine Einsparungen festgestellt."
Ungefähr
seit dem werden die offensichtlich nutzlosen Magnete an übertölpelte
Hausbesitzer, Wäschereien, Bäcker und so weiter verkauft. Ich gehe
nämlich davon aus, dass der Marcus Schneider von der SCS GmbH sehr wohl
von der tatsächlichen Nutzlosigkeit weiß.
Betrug? Beschiss? Scharlatanerie? - Gerichtliches:
Manche Richter haben dem Grundgesetz zu wider ein sehr gespanntes Verhältnis dazu, wenn man derlei Schabernack als
"Betrug" oder
"Scharlatanerie"
bezeichnet. So hat es vor kurzem der Richter Prietz vom LG Kassel
fertig gebracht, ein Urteil zu fällen, dem ich mich nicht anzuschließen
vermag - und dass voraussichtlich spätestens vor dem BGH, alternativ dem
BVerfassG, keinen Bestand haben wird. Ich halte das "Urteil" des
Richters Prietz für ein "Schandurteil", für ein (weiteres) Versagen des
Gerichts.
In der Sache
7 O 15/12 des LG Kassel
verbot der Richter Prietz dem Kassler Ingenieur Thomas Berger allen
Ernstes zu behaupten oder zu verbreiten, bei dem Produkt handele es sich
um einen
"groß angelegten Schwindel" bzw.
"Betrug" und um
"Scharlatanerieprodukte". Doch, dass es sich um
"groß angelegten Schwindel" bzw. einen
"Betrug" und um
"Scharlatanerieprodukt" handelt, das vertrete auch ich als Meinung
-
und ich empfehle jedem Richter, der Richter oder gar ein "angesehener
Richter" bleiben will, die Klauen von meinem Recht aus Art. 5 GG zu
lassen und damit die Warnung vor der nutzlosen Geldausgabe nicht gesetz-
und verfassungswidrig zu beeinträchtigen.
Aus
meiner Sicht hat nämlich dieser Richter Prietz vom LG Kassel den Inhalt
und Gedanken des Art. 5 Grundgesetz, aber auch des § 193 StGB nicht
genügend verinnerlicht. Kritik darf herzlich böse, treffend sein und
sogar richtig weh tun - sagt in ständiger Rechtsprechung der BGH. Die
derzeit in Fuldabrück befindliche SCS GmbH des Marcus Schneider
vertreibt für viel Geld ein Produkt, dessen Werbeversprechen im wahrsten
Sinne es Wortes "heiße Luft" sind - woran es keinen tragfähigen
wissenschaftlichen Zweifel gibt und zieht den Leuten dafür viel Geld aus
der Tasche. Wenn jetzt jemand, Herr Thomas Berger hat das getan, Dritte
über diesen Sachverhalt, also über einen drohenden oder eingetretenen
Vermögensverlust aufklärt, dann greift ergo § 193 StGB und demnach
greifen die §§ 823, 824, 1004 BGB als Anspruchsgrundlage gerade nicht.
Das Urteil des Herrn Prietz ist "vorn und hinten" nicht haltbar.
Ein Richter mit offenbar bedenklich geringen Kenntnissen in den Naturwissenschaften...
Aber
vielleicht hat der Richter Prietz ja auch "treugläubig-doof" das
"Ecojet-System" erworben und nunmehr erhebliche Probleme damit, sich
selbst einzugestehen, dass er ganz schön beschissen wurde. Dieses
Phänomen des "grundlosen Besitzerstolzes" tritt (insbesondere) nach
mittelgroßen Investitionen (Käufen) selbst bei den klügsten Leuten auf.
Es ist aus der Psychologie und dem Marketing bekannt.
Andererseits ist mir das LG Kassel durchaus als Gericht bekannt, an dem - in anderen Zusammenhängen - das Recht zu Gunsten Krimineller gebeugt wurde bis es brach. Ich weiß nicht, ob der Richter Prietz diese merkwürdige Tradition fortsetzen will - und ich hoffe, dass dieses
"höchst rechtsfreie Schandurteil" schon durch das OLG Frankfurt korrigiert wird!